Die talentierte Mrs. Highsmith – Zum 100. Geburtstag der Autorin

Ein bequemer Geist scheint sie nicht gewesen zu sein: Patricia Highsmith (geboren als Mary Patricia Plangman) wurde am 19. Januar 1921 in Texas geboren, verbrachte einen großen Teil ihres Lebens in Europa und verstarb schließlich im Februar 1995 in Locarno, Schweiz.

Zum 100. Geburtstag widmete ihr der Deutschlandfunk Kultur ein besonderes Feature: „Ein Requiem für eine Katze“ (hier zum Nachhören). Die Erzählerin ist Charlotte, eine Katze, die an die große Schriftstellerin erinnert. Wenn man so will, waren nicht die Menschen die Hauptfiguren im Leben der Autorin, sondern Katzen. 

Geschrieben hat Highsmith allerdings über Frauen und Männer, insbesondere über deren Abgründe: So kommt sicherlich vielen „Der talentierte Mr. Ripley“ ins Gedächtnis. Die Talente von Ripley bestanden u.a. darin, sich im Leben auf moralisch zweifelhafte Weise Vorteile zu verschaffen. Dieser 1955 erschienene Roman (in deutscher Sprache wurde er zunächst unter dem Titel „Nur die Sonne war Zeuge“ veröffentlicht) bildete den Auftakt zu einer Reihe von insgesamt fünf Ripley-Romanen.

Aufmerksam wurde man auf die Amerikanerin bereits mit ihrem ersten Roman „Zwei Fremde im Zug“, kongenial von Hitchcock verfilmt. Diese Geschichte erreichte viele Menschen dadurch, dass nicht im Vordergrund steht, wer etwas tut, sondern warum. Die psychologischen Gründe für eine Tat interessierten Patricia Highsmith, nicht das klassische „Whodunit“. Die Verfilmung machte sie direkt zu einer literarischen Berühmtheit.

Patricia Highsmith schrieb bereits zu Schulzeiten Geschichten und Gedichte. Danach studierte  sie Englische Literaturwissenschaft am Barnard College. Ihr Schreiben wurde durch die frühe Lektüre des Psychiaters Karl A. Menninger ebenso beeinflusst wie u.a. durch die literarischen Werke von Nietzsche, Poe, Kafka, Sartre und Camus.

Die Autorin erhielt viele Preise und Auszeichnungen: Unter anderem verlieh man ihr den „Grand prix de littérature policière International“, den „Dagger Award“ und den „Finnischen Krimipreis“. Den renommierten „Edgar Allan Poe Award“ gewann sie jedoch nicht. Mit „Der talentierte Mr. Ripley“ war sie jedoch für diesen Preis nominiert.

Bereits 1963 zog sie nach Europa und wechselte dort häufig ihren Aufenthaltsort. Ihre Romane fanden auf diesem Kontinent auch mehr Aufmerksamkeit als in den USA. Neben fiktionalen Werken schrieb sie auch einen Essay (eine Art Werkstattbericht), illustrierte ein Kinderbuch und zeichnete.

Über die Schriftstellerin wurden mehrere Biographien verfasst. Besonders zu erwähnen ist „Schöner Schatten. Das Leben von Patricia Highsmith“ von Andrew Wilson, 2004. Im Jahr 2002 begann der Diogenes Verlag eine komplette Neuübersetzung und Herausgabe der Werke von Patricia Highsmith. Sowohl frühere deutsche Ausgaben als auch neue Ausgaben sind teilweise gegenüber dem Original gekürzt.

   

2020 erschien beim Diogenes Verlag „Ladies. Frühe Stories“. Hier versammelt sind psychologische Geschichten, die noch vor den großen Romanerfolgen entstanden sind und nun in der Übersetzung von Melanie Walz, Dirk van Gunstern und pociao entdeckt werden können.

22 Romane, Kurzgeschichten, Briefe, Tagebücher und Notizen: Patricia Highsmith war in ihrem Leben schreibend äußerst produktiv. „Obsessionen sind das Einzige, was zählt“ soll die Autorin in ihrem Tagebuch notiert oder in einem Interview geäußert haben (die Quellen hierzu sind sich nicht ganz einig). Heute werden unter den Obsessionen anscheinend eher das exzessive Rauchen, das Trinken oder ihre Affären verstanden. Mit Blick auf 50 laufende Regalmeter Nachlass im Schweizer Literaturarchiv in Bern scheint jedoch das Schreiben die größte und erfolgreichste Obsession gewesen zu sein.

Roma Maria Mukherjee

roma.mukherjee@lesesaal-hamburg.de