Serge Bloch/Marie Desplechin – Die Bären aus der Rue de l’outs

14. Februar 2021Lese-Empfehlung

1960. In der Rue de l’Ours in Colmar gibt es eine kleine, koschere Metzgerei, die einzige, die nach dem Krieg noch übrig ist. Tante Thérèse steht an der Theke. Im Hinterzimmer macht Onkel Georges die Buchhaltung. Und Sylvain, der Vater, zerlegt in seinem »Laboratorium« hinten im Hof das Fleisch. Dort leben, lieben und streiten die Blochs. Für den kleinen Serge spielt sich das Leben zwischen Synagoge, Schule und dem Laden ab, mit jeder Menge Riten und vielen Kinderfreuden.
Mit Unterstützung von Marie Desplechins feinsinnigen Worten zeichnet Serge Bloch ein Porträt seiner Familie, in der man Liebe nicht mit Worten ausdrückt. Und in der Freigeist und die ureigene Schönheit gewisser Handgriffe von Vater zu Sohn weitergegeben werden.

« Dieses Buch erscheint im Rahmen des Förderprogramms des französischen Außenministeriums, vertreten durch die Kulturabteilung der französischen Botschaft in Berlin. »

Serge Bloch & Marie Desplechin
Die Bären aus der Rue de l’Ours
Aus dem Französischen von Anne Thomas
Buchgestaltung: Theresa Schwietzer, 192 Seiten, € 22,00

Hiroshige – Hundert berühmte Ansichten des Edo

28. November 2020Lese-Empfehlung

Es war Utagawa Hiroshiges letztes Meisterwerk: Von grünen Panoramen bis zu dekadenten Vergnügungsvierteln bietet One Hundred Famous Views of Edo eine Holzschnittreise durch das Tokio des 19. Jahrhunderts – ein Juwel des Ukiyo-e. Dieser Nachdruck ist auf traditionelle japanische Art gebunden und basiert auf einem der schönsten vollständigen Originalsätze aus der Sammlung des Ōta-Kunstmuseums für Ukiyo-e in Tokio.

Japanische Bindung in einer Box, 25 x 31,3 cm, 1,87 kg, 272 Seiten, € 30,00

Kamel Daoud „Meine Nacht im Picasso Museum“

14. November 2020Lese-Empfehlung

Kamel Daoud, Jahrgang 1970, arbeitete lange als Journalist für den Quotidien d’Oran und andere Zeitungen. Heute lebt er als Schriftsteller mit seiner Familie in Oran. Für seinen ersten Roman »Der Fall Meursault – eine Gegendarstellung« wurde er von der Kritik gefeiert und unter anderem mit dem Prix Goncourt du Premier Roman ausgezeichnet. Das Buch wurde in 30 Sprachen übersetzt.
Kiepenheuer & Witsch, € 20,00

 

Christine Wunnicke „Die Dame mit der bemalten Hand“

10. Oktober 2020Lese-Empfehlung

 

++Shortlist für den Deutschen Buchpreis 2020 ++
++Wilhelm Raabe-Literaturpreis 2020++

Bombay, 1764. Indien stand nicht auf dem Reiseplan und Elephanta, diese struppige Insel voller ­Schlangen und Ziegen und Höhlen mit den seltsamen Figuren an den Wänden, schon gar nicht. Doch als Forschungs­reisenden in Sachen »biblischer Klarheit« zieht es einen eben an die merkwürdigsten Orte. Carsten Niebuhr aus dem Bremischen ist hier gestrandet, obwohl er doch in Arabien sein sollte. Ebenso Meis­ter Musa, persischer Astrolabienbauer aus Jaipur, obwohl er doch in Mekka sein wollte. Man spricht leidlich Arabisch miteinander, genug, um die paar Tage bis zu ihrer Rettung gemeinsam herumzubringen. Um sich öst-westlich misszuverstehen und freundlich über Sternbilder zu streiten (denn wo der eine eine Frau erkennt, sieht der andere lediglich deren bemalte Hand). Es könnte übrigens alles auch ein Fiebertraum gewesen sein. Doch das steht in den Sternen.

Christine Wunnicke, geboren 1966, lebt in München. Sie schreibt Hörspiele, biografische Literatur und Romane. 2002 erhielt sie für ihre Biografie des Kas­tratensängers Filippo Balatri, »Die Nachtigall des Zaren«, den Bayerischen Staatsförderungspreis für Literatur. Für den Roman »Serenity« bekam sie 2008 den Tukan-Preis. Bei Berenberg erschienen u. a. ihre Romane »Der Fuchs und Dr. Shimamura« (2015) und »Katie« (2017), die beide für den Deutschen Buchpreis nominiert waren (Longlist), sowie, im Taschenbuch, die Novelle »Nagasaki, ca. 1642« (2020). Zuletzt wurde sie mit dem Münchner Literaturpreis für ihr Gesamtwerk ausgezeichnet (2020). Ihr neuer Roman »Die Dame mit der bemalten Hand« (Herbst 2020) wurde mit dem Wilhelm Raabe-Literaturpreis gewürdigt und steht auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.

„Großes Kino“ von Sascha Reh

17. September 2020Lese-Empfehlung

Carsten Wuppke kann einfach seinen Mund nicht halten. Warum muss der Neuköllner Sozialarbeiter, der gerade Schwierigkeiten mit dem Gesetz hat, sich an der Supermarktkasse auch mit einem Polizisten anlegen? Und dann ausgerechnet einen Roller »ausborgen«, der Ali al-Safa, genannt »der Chinese«, gehört? Prompt verdonnert ihn der Clanchef zu ein paar Gefälligkeiten: Erst muss Wuppke seine Jungs in gewaltfreier Kommunikation coachen und dann ein krummes Immobiliengeschäft auf Sylt für ihn zurechtbiegen, das mit dem Naturschutz und dem Bürgermeisterwahlkampf in Konflikt steht. Aber mit Konflikten kennt Wuppke sich aus – denkt er zumindest, bis er auf die Familie des obersten Naturschützers und Bürgermeisterkandidaten trifft. Als ihm der Chinese auch noch seine Leute auf den Hals jagt, wird es brenzlig für Wuppke.

Der neue Roman von Sascha Reh ist eine zitatgespickte Gangsterkomödie voller Sprachwitz und absurder Situationskomik, deren Held sich mit Eloquenz und Chuzpe durch die Inselhalbwelt mauschelt.

„Im Fallen lernt die Feder fliegen“ von Usama Al Shahmani

31. August 2020Lese-Empfehlung

 

Die irakischstämmige Aida verleugnet ihre Herkunft, was immer wieder zu Streit mit ihrem Freund führt. In ihrer Not setzt sie sich hin und beginnt aufzuschreiben, was sie nicht sagen kann. Geboren in einem iranischen Flüchtlingslager, kam sie mit ihren Eltern und der älteren Schwester in die Schweiz. Die Mädchen gehen zur Schule, aber ihre Eltern kommen mit dem westlichen Alltag nicht zurecht und verklären mehr und mehr ihre Heimat. Der Vater, ein konservativer Theologe, beschliesst schliesslich, mit der ganzen Familie in den Irak zurückzukehren. Aber was für die Eltern die Heimat ist, die sie einst verlassen haben, ist für die beiden Schwestern ein fremdes Land. Als die Ältere verheiratet werden soll, fliehen sie nun ihrerseits und gelangen als unbegleitete Minderjährige in die Schweiz. Aber auch sie lässt die Vergangenheit nicht los.

Wieder gelingt es Usama Al Shahmani, vielschichtig von der grossen inneren Anstrengung von Flüchtlingen bei ihren Integrationsbemühungen zu erzählen und dabei immer ein Fenster zur Hoffnung offenzulassen. Und nicht zuletzt überwindet er selbst die Mühsal des Exils durch das Verschmelzen der arabischen mit der westlichen Kultur im Erzählen.

Usama Al Shahmani, geboren 1971 in Bagdad und aufgewachsen in Qalat Sukar (Nasiriya), hat arabische Sprache und moderne arabische Literatur studiert, er publizierte drei Bücher über arabische Literatur, bevor er 2002 wegen eines Theaterstücks fliehen musste und in die Schweiz kam. Er arbeitet heute als Dolmetscher und Kulturvermittler und übersetzt ins Arabische, u. a. «Fräulein Stark» von Thomas Hürlimann, «Der Islam» von Peter Heine und «Über die Religion» von Friedrich Schleiermacher. Sein erster Roman «In der Fremde sprechen die Bäume arabisch» wurde mehrfach ausgezeichnet und war u. a. für das «Lieblingsbuch des Deutschschweizer Buchhandels» nominiert.

 

Marieke Lucas Rijneveld mit „Was man sät“

27. August 2020Lese-Empfehlung

Marieke Rijneveld erzählt in ihrem Roman vom Zerbrechen einer calvinistischen Familie. Gerade wurde ihr Debütroman „Was man sät“ mit dem International Booker Prize ausgezeichnet.

Kurz vor Weihnachten bemerkt die zehnjährige Jas, dass der Vater ihr Kaninchen mästet. Sie ist sich sicher, dass es dem Weihnachtsessen zum Opfer fallen wird. Das darf nicht passieren. Also betet Jas zu Gott, er möge ihren älteren Bruder anstelle des Kaninchens nehmen. Am selben Tag bricht ihr Bruder beim Schlittschuhlaufen ins Eis ein und ertrinkt. Die Familie weiß: Das war eine Strafe Gottes, und alle Familienmitglieder glauben, selbst schuld an der Tragödie zu sein. Jas flieht mit ihrem Bruder Obbe und ihrer Schwester Hanna in das Niemandsland zwischen Kindheit und Erwachsensein, in eine Welt voll okkulter Spiele und eigener Gesetze, in der die Geschwister immer mehr den eigenen Sehnsüchten und Vorstellungswelten auf die Spur kommen.

Was bedeuten Familie, Glaube, Zusammenhalt? Wie kann man anderen beistehen, wenn man mit den eigenen Dämonen zu kämpfen hat? Marieke Lucas Rijneveld hat einen gewagten, einen kräftigen und lebendigen Roman geschrieben, der unsere innersten Gewissheiten hinterfragt.

24. Türchen vom Lesesaal-Adventskalender

24. Dezember 2018Lese-Empfehlung

24. Türchen… Es ist so weit… Das letzte Türchen unseres inspirierenden Adventskalenders öffnet sich heute:

„Letters of Father Christmas“ von J.R.R. Tolkien paart sich heute mit dem „Fragebogen“ von Max Frisch von der Edition Büchergilde, „The Middle Eastern Vegetarian Cookbook“ von Salma Hage, Phaidon Verlag, und Anne-Caroline Pandolfos „Die Tintenspinner“, bei mixtvision erschienen.

An dieser Stelle möchten wir uns so herzlich bei allen bedanken, die mit uns durch diese turbulente Zeit gegangen sind. Vielen Dank für die Unterstützung, den Zuspruch! Auf ein spannendes Jahr 2019! 🎄☀️🍾

23. Türchen vom Lesesaal-Adventskalender

23. Dezember 2018Lese-Empfehlung

Heute öffnen wir das 23. Türchen mal von zu Hause 🎄

Freitag im Vorbeilaufen gesehen: PEZ Figuren! Wie toll, dass es sie noch gibt! Werden bei Tochter und Neffe unterm Baum liegen. Dafür ist man nie zu alt! Übers Podcast entdeckt und für wichtig befunden: „Heidas Traum“ von Steinunn Sigurdardottir über das ehemalige Topmodel Heida Gudny Asgeirsdottir, die jetzt mit 500 Schafen in Island am Rande der bewohnbaren Welt lebt und den Kampf mit einem Energieunternehmen aufgenommen hat. Haltung! Mehr gefragt denn je. Last but not least: „Lake Success“ von Gary Shteyngart, „An unforgettable road trip through an America that‘s ominously devided, wildly diverse and weirdly familiar.“ Tom Perrotta. #garyshteyngart , see you next year in Hamburg! Looking forward seeing you again!

22. Türchen vom Lesesaal-Adventskalender

22. Dezember 2018Lese-Empfehlung

Türchen 22 –

Regina Scheer beschert uns „Max Liebermann erzählt aus seinem Leben“, sogar mit Original-Tondokument, erschienen im Verlag für Berlin-Brandenburg. Kathrin Radke hat im Kunstanstifter Verlag ihr treffliches Buch „Ft oder das Recht auf Faulheit“ veröffentlicht – welch ein Wurf! „Wüsten, Berge, Fjorde – Landschaften und ihre bewegte Geschichte“ von Claire Lecœuvre und Vincent Mahé erzählt von den Kräften, die die Landschaften dieser Erde geformt haben, und von der Geschichte des Lebens auf unserem Planeten. Erschienen bei Jacoby & Stuart, übersetzt von Edmund Jacoby.