Höher, schneller, weiter oder Entschleunigung?

Voilà, jetzt sind wir schon mitten im Lesesommer. Die einen fahren in den Urlaub, die anderen machen es sich auf dem Balkon, im Garten oder im Park gemütlich – vielfach mit einem Buch.

   

In den sozialen Netzwerken sehen wir Buchstapel, lesen vom #DickeBücherCamp oder von den Neuerscheinungen, die just am ersten Tag schon vielfach gelesen (oder nur gezeigt?) sind. Die Vielfalt ist begeisternd.

Angesichts der medialen Flut an Beiträgen taucht aber wiederholt diese Frage bei uns auf: Sind Bücher eine Ware, die verdirbt? Abseits von sehr bekannten Klassikern bekommen wir auf Instagram zwar im Feed häufig die allerneusten Titel als Bild. Was aber ist mit all den wunderbaren Büchern der letzten zwei, drei Jahre? Die sieht man schon sehr viel seltener. Sie werden oft weniger geteilt, erhalten weniger Herzen und unwillkürlich fühlt man sich an einen Supermarkt erinnert, in dem, außer Konserven, nur kurz- bis mittelfristig Haltbares steht.

Sind Bücher eine Ware, die nicht mehr „so anmacht“, wenn man im Impressum liest, dass sie bereits 2017, 2018 oder 2019 erschienen sind? Von Krimi-Reihen um bekannte Autor:innen jetzt mal abgesehen?

Zugegeben, dies ist kein ganz spezielles Sommerthema. Wir denken schon ein paar Monate darüber nach und die Auseinandersetzung damit ist auch unser tägliches Geschäft im Lesesaal. Wir hängen an der Backlist. Wir wünschen uns für viele Bücher ein langes und erfülltes Leben. Aus diesem Grund hat uns die Aktion #zweiterfrühling (auf Initiative des Literaturhaus Frankfurt lief diese Aktion von Frühjahr 2020 bis Juni 2021 in Schaufenstern und mittels Hashtags auf Instagram, Twitter und Facebook) auch so gut gefallen. Damit sollte Aufmerksamkeit für alle Neuerscheinungen und Autor:innen erzeugt werden, die durch den Beginn der Pandemie aufgrund geschlossener Buchhandlungen und dem Ausfall vieler Lesungen unterzugehen drohten.

Weniger Erreichbarkeit unmittelbarer Verlockungen und das #StayAtHomeReadABook führten zu einer Hinwendung zum Lesen, zur Literatur und vielleicht auch zu einer neuen Lust auf Bücher (klar, auch auf eBooks).

Natürlich sind die sozialen Netzwerke nur ein Ausschnitt, ganz abseits von Kultursendungen im Radio und Fernsehen, den Feuilletons der überregionalen Zeitungen und anderen Gelegenheiten, wo Bücher vorgestellt und besprochen werden. Aber Social Media ist inzwischen nicht mehr wegzudenken. Da fragen wir uns doch, in welche Richtung der Trend läuft – eher das tiefe Einlassen auf ein Buch, das „Close Reading“, sich eine Textgattung umfassend erarbeiten oder sogar das Gesamtwerk verschiedener Autor:innen? Der Eindruck kann trügen, hängt auch von der eigenen Filterblase ab, in die man in den Netzwerken eingebunden ist. Wir sehen teilweise eher eine Inszenierung des Lesens als die Muße zur ruhigen, eintauchenden Beschäftigung. Was heute neu ist, ist morgen schon alt?

Ihr merkt: Unser heutiger Blogbeitrag ist ein bisschen philosophischer angehaucht als üblicherweise, da wir über dieses Thema natürlich kein festes und homogenes Meinungsbild haben. Viel darüber gesprochen haben wir in den vergangenen Monaten. Über Lesebedürfnisse, Motivationen, der Bedeutung von Buchhandel und Verlagen und über die Wünsche der Leser:innen.

Damit möchten wir jetzt zu euch kommen! Gerade zu diesem Thema interessiert uns eure Meinung sehr und wir würden uns wirklich außerordentlich darüber freuen, wenn ihr eure Ansichten mit uns teilen würdet. Schreibt uns doch gerne über die Direktnachrichten bei Twitter, Instagram oder Facebook oder natürlich auch gerne eine Mail, die wir selbstverständlich beantworten werden! Es geht uns um Kommunikation – gesellschaftliche Debatten leben vom Austausch und wir hören euch da sehr gerne zu!

Ob Neuerscheinung, Klassiker oder Backlist-Titel – wir wünschen euch einzigartige Leseerlebnisse!

Roma Maria Mukherjee

roma.mukherjee@lesesaal-hamburg.de